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Die innere Ordnung

Wie bringen wir Ordnung in unser Leben? Viel beachtet ist die Methode des Feng Shui, nach der durch das Gestalten einer äußeren Ordnung auch eine innere Ordnung in uns selbst entsteht. Ich stelle hier einen anderen Ansatz vor, basierend auf dem Wesentlichen.

Entrümpeln befreit

Vor vielen Jahren probierte ich Feng Shui mal aus. In meiner Wohnung hatte sich reichlich Krams angesammelt und so fing ich an Auszumisten. Eifrig füllte ich Kisten und Kästen und entsorgte sie beim Wertstoffhof. Ja so kam eine Übersicht in die Wohnung. Die Regale und Schränke wurden leerer, alles bekam seinen Platz. So hatte ich in der Wohnung zumindest eine gewisse Ordnung geschaffen. Und dabei erfasste mich durchaus ein befreiendes und belebendes Gefühl.

Doch ist das Gefühl die Ursache von Ordnung? Indem ich einfach alles wegwerfe, die Dinge in meinem Umfeld auf das Minimum reduziere, entsteht dann eine Ordnung in unserem Inneren? Resultiert die Ordnung aus der entstehenden Leere, aus dem Nichts? Ich weiß nicht so recht. Denn in meiner so sorgsam aufgeräumten Wohnung beschlich mich ein anderes Gefühl: mir fehlten einfach einige Sachen, die mir vorher wichtig waren. Denn ich hatte einfach nur weggeworfen, ohne mir die Frage zu stellen, was denn für mich wichtig wäre.

So bin ich in meinem Eifer über das eigentliche Ziel hinausgeschossen. Denn es ist nicht das „Nichts“ aus dem eine Ordnung entsteht, sondern Ordnung entsteht aus dem bewussten Auswählen, was einem wichtig ist, und dem wir dann einen passenden Platz einräumen, so dass es zur Geltung kommt. Indem wir uns bewusst machen, was uns wichtig ist, was wir behalten wollen, können wir uns von dem Übrigen leicht trennen.

Schön und gut. Richten wir uns nach dem Wichtigen aus! So können wir eine äußere Ordnung zum Beispiel in unserer Wohnung schaffen. Doch wie ist das mit der inneren Ordnung? Können wir den Ansatz auch auf unser Inneres übertragen? Aber was soll das überhaupt sein: das Wichtige in unserem Inneren?

Ausrichtung nach dem Wesentlichen

Das zentralste unseres Menschseins ist das Wesentliche, unsere prägende Persönlichkeitseigenschaft, die uns als Menschen ausmacht. (siehe auch: Was ist das Wesentliche?). Kommen wir dem Kern unseres Wesens auf die Schliche und erheben ihn zum Maßstab in unserem Leben, dann können wir alle anderen Persönlichkeitseigenschaften gezielt danach ausrichten, um den Kern zu einem möglichst guten Ausdruck zu bringen.

Wir können es in einem Bild darstellen. Im Zentrum steht das Wesentliche eines Menschen, also seine prägende Persönlichkeitseigenschaft. Drum herum sind vier Kreise angeordnet, nach denen sich die verschiedenen anderen Persönlichkeitseigenschaften strukturieren lassen:

Abbildung 1: Durch die Ausrichtung nach dem Wesenskern entsteht eine innere Ordnung.

  1. Der erste Kreis umfasst die Eigenschaften, um das Wesentliche zu ermitteln: etwa das Interesse, das Hinterfragen, das Einfühlungsvermögen und die Konzentration, um eine Sache auf den Punkt zu bringen.
  2. Der zweite Kreis umfasst die Eigenschaften, die das bewusste Sein im Wesentlichen ausmachen – etwa die Würde, die Entschlusskraft, die Freiheit oder die Intuition.
  3. Der dritte Kreis umfasst die Eigenschaften, um das Wesentliche zu verwirklichen – zum Beispiel die Schöpferkraft, die Lebensfreude, die Klarheit oder das soziale Miteinander.
  4. Der vierte Kreis umfasst die Grundeigenschaften, wie das Wesen im Tätigsein zum Ausdruck gebracht wird – etwa die Tatkraft, die Ausrichtung, die Hingabe, die Gelassenheit.

Neben den genannten Persönlichkeitseigenschaften gibt es natürlich noch viel mehr Eigenschaften, die sich aber alle in diese vier Kreise einordnen lassen. (siehe auch: Persönlichkeitseigenschaft – Wikipedia) Dabei haben diese Persönlichkeitseigenschaften universellen Charakter. Doch durch die Ausrichtung nach unserem Wesenskern werden die Eigenschaften bei jedem Menschen ganz individuell für seinen konkreten Zweck ausgeprägt.

Als Resultat entsteht eine innere Ordnung, die unsere ganzen Persönlichkeitseigenschaften strukturiert und in einen übergeordneten Zusammenhang bringt.  

Von der inneren zur äußeren Ordnung

Indem wir die vier Kreise miteinander zu einem Prozess verbinden, kommen die einzelnen Persönlichkeitseigenschaften in ein konstruktives Zusammenwirken, sie treten in eine Verbindung und werden ausgeglichen. So schaffen wir für die innere Ordnung einen Ausdruck. Der Prozess ist in fünf Phasen unterteilt, denen wir jeweils eine übergeordnete Frage zuordnen können, die das Ziel in der jeweiligen Phase angibt.

Abbildung 2: Veränderungsprozess, mit dem wir das Wesentliche verwirklichen.

  1. Was ist das Thema? – hier wird festgelegt, welche Fragestellung konkret aufgegriffen wird und in dem Prozess zu einer Lösung zu bringen ist.
  2. Was ist das Wesentliche? – hier wird das Wesentliche in der Situation ergründet. Dabei kommen die Eigenschaften aus dem ersten Kreis in der Abbildung 1 zur Anwendung.
  3. Was ist die passende Idee? – hier werden Ideen gesucht, wie das Wesentliche verwirklicht werden könnte. Weiterhin ist ein Entschluss zu treffen, welche der Ideen weiter aufgegriffen wird, um sie zu verwirklichen. Dabei kommen die Eigenschaften aus dem zweiten Kreis in der Abbildung 1 zum Einsatz.
  4. Wie bringen wir die Idee zu einer Lösung? Die Idee wird weiter konkretisiert und zu einer tragfähigen Lösung entwickelt. Das entspricht dem dritten Kreis in der Abbildung 1.
  5. Wie gestalten wir die Situation? Die Situation wird nach der Lösung neu ausgerichtet und gestaltet. Entsprechend den Eigenschaften aus dem vierten Kreis.

Durch den Prozess wird das Wesentliche in einer Situation ergründet, dafür eine Lösung entwickelt und diese verwirklicht. Der Prozess ist ein allgemeiner Veränderungsprozess, bei dem die verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften gezielt eingesetzt werden können.

Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Menschen verschiedene Persönlichkeitseigenschaften haben, dass jeder eine ganz individuelle innere Ordnung hat. Und finden wir im Miteinander etwas Wesentliches in der Situation, das alle Beteiligte zu einer Lösung bringen möchten, dann können die Beteiligten in einem konstruktiven Miteinander zusammenwirken, wobei jeder seine individuellen Eigenschaften einbringt, so dass eine gemeinsam getragene Ordnung im Äußeren entsteht. (siehe auch: Der mittlere Weg).

Fazit

Durch die Ausrichtung nach unserem Wesenskern entsteht eine innere Ordnung, nach der wir dann mit dem Veränderungsprozess eine Ordnung im Äußeren schaffen können. Jetzt ist das ja ein ganz anderes Resultat als bei Feng Shui, wo aus der äußeren Ordnung eine innere Ordnung resultiert. Wie passt das zusammen?

Sicher wirkt eine äußere Ordnung auf uns harmonisierend, und damit sowohl beruhigend als auch belebend. Dabei ist das sich einstellende Gefühl unsere Reaktion auf die äußeren Gegebenheiten in einer konkreten Situation – ist das Äußere harmonisch, so fühlen wir uns wohl, ist das Äußere ein Durcheinander, so fühlen wir uns schlecht.

Dagegen wirkt die Ausrichtung nach dem Wesenskern aus unserem Inneren heraus. Sie wird getragen durch unser Bewusstsein, durch die konkret geschaffene innere Ordnung mit der wir unsere Persönlichkeit nach dem Wesentlichen ausrichten. Und haben wir unsere innere Ordnung gut entwickelt, dann können wir die unterschiedlichen Situationen danach ausrichten. Dann reagieren wir nicht auf die äußeren Gegebenheiten, sondern gestalten die Situationen nach unseren inneren Vorstellungen, so dass es für uns passt, dass wir uns dabei wohl fühlen und unsere innere Ordnung im Äußeren zum Ausdruck kommt.