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Das Haar in der Suppe

Wir Deutschen sind wohl das große Volk der Kritiker. So sagte schon Christian Friedrich Hebbel:

Es gibt Leute, die nur aus dem Grund in jeder Suppe ein Haar finden,

weil sie davorsitzen und so lange mit dem Kopf schütteln, bis eins hineinfällt.

Christian Friedrich Hebbel

Und so ist es doch! Immer wenn es etwas zu tun gibt, fangen wir sogleich an zu schauen und zu prüfen, was uns an der Sache nicht passt, was unserem Ziel im Wege steht und warum das Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Doch machen wir uns nichts vor: häufig definieren wir uns über die Kritik, über das Haar, das wir in der Suppe finden. Stolz heben wir das Haar heraus und zeigen allen, was wir da Tolles aufgespürt haben. Und zugleich fluchen, schimpfen und wettern wir über das Haar sowie über seine möglichen Besitzer. Ah! Wie das befreit! Wie das belebt!

Das Haar fesselt unsere ganze Aufmerksamkeit. Oft verblasst dahinter das Interesse an der Suppe – sie wird kalt und schließlich schütten wir sie weg. Oder es ist nur eine fade Brühe, die wir missmutig auslöffeln.

Dabei ist das Haar eigentlich gar nicht so wichtig, sondern es geht doch darum, dass eine ordentliche Suppe auf den Tisch kommt! Nur wie kommen wir dahin? Wie können wir unser Interesse in das stecken, was wir wirklich wollen – also in die Suppe und nicht in das Haar?

Wie kriegen wir eine leckere Suppe auf den Tisch?

Zuerst braucht es einmal das Vertrauen, dass wir selbst mit unseren eigenen Möglichkeiten eine gute Suppe kochen können. Dabei sind unsere ersten Versuche als Suppenkoch meistens noch nicht von Erfolg gekrönt. Doch indem wir jetzt nicht an der Kritik oder dem schlechten Resultat verzweifeln oder uns einschüchtern lassen, fragen wir uns voller Zuversicht weiter: wie ist die Suppe zu verbessern? Wir probieren dies. Wir probieren das. Wir prüfen das Resultat und fragen uns wieder: wie können wir die Suppe noch schmackhafter machen? Schritt für Schritt gelingt uns die Suppe immer besser. Wir schöpfen unser eigenes Rezept für eine leckere Suppe.

Und finden wir jetzt doch ein Haar in der Suppe, so lassen wir uns die Suppe und unsere gute Laune dadurch nicht vermiesen, sondern fischen das Haar heraus, legen es schweigend auf den Tellerrand und genießen weiter das Essen.

Indem wir unsere Energie in das stecken, was wir wirklich wollen, schaffen wir Schritt für Schritt unsere eigenen Lösungen – sei es etwa beim Kochen einer leckeren Suppe, doch, seien Sie gewiss, das funktioniert auch bei anderen Fragen des Lebens.