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Der Dreh

In den Guten Gesprächen findet ein Übergang statt von einer maßgeblich Ich-bezogenen Einstellung der Teilnehmer, hin zu einem konstruktiven Miteinander. Doch wie können wir diesen Perspektivenwechsel gezielt herbeiführen?  Wie kriegen wir den Dreh hin? Denn dieser Dreh bestimmt ganz maßgeblich, ob das Gespräch sich zu einem guten Gespräch entwickelt, oder ob wir uns in dem Austausch unserer Ansichten und Meinungen nur verausgaben und erschöpfen.

Was ist die Ausgangssituation?

Betrachten wir eine Gesprächssituation mit mehreren Teilnehmern. Jeder hat seine Ansichten und Meinungen. Wir können die Situation mit einer Berglandschaft vergleichen mit Gipfeln und Tälern. Jeder Gipfel und jedes Tal stellt eine mögliche Position dar. Dabei ist die Lage auf den Gipfeln instabil: stoßen wir die roten Kugeln leicht an, so rollen sie zu einer Seite den Berg hinab. Dagegen ist die Lage in den Tälern stabil: geben wir den grünen Kugeln einen Stubbs, so bewegen sie sich ein wenig hin und her, um schließlich wieder an dem tiefsten Punkt des Tals zum Liegen zu kommen. Und indem wir all die möglichen Ansichten und Meinungen betrachten, die Landschaft mit all ihren Tälern und Gipfeln, kommen wir zu einem Bild für die Situation.

Wie entsteht Veränderung?

So ein Bild können wir durch ein Gutes Gespräch herbeiführen. Doch damit sind wir noch nicht am Ziel. Denn der Sinn und Zweck eines Guten Gesprächs ist es, eine gemeinsame attraktive, stabile  Vorstellung für die Situation zu entwickeln und sie danach neu auszurichten.

Doch betrachten wir die Berglandschaft mit ihren Gipfeln und Tälern. Die ist geprägt durch viele verschiedene stabile Vorstellungen. Und jede einzelne Person hat es sich in ihrem Tal bequem gemacht, sie hat sich mit ihren Ansichten und Meinungen arrangiert und identifiziert sich mit ihnen. Wer will daran etwas ändern? Denn machen wir uns nichts vor: Das bekannte Tal, das Gewohnte, das Vertraute hinter sich zu lassen ist mühsam. Dafür ist immer eine Zwischengipfel zu erklimmen, um dann in das neue Tal hinabzusteigen. Doch wer macht das schon gerne? Wer ist bereit, diese Mühe und Strapaze auf sich zu nehmen? Wir werden uns wohl nur dann auf den Weg machen, wenn das neue Tal so attraktiv für uns ist, dass sich der Aufwand, dass sich die Mühe der Veränderung für uns wirklich lohnt. Wenn es uns ein Bedürfnis ist, das neue Tal zu erreichen, eine Sehnsucht, ein Herzenswunsch.

Die Frage nach dem Wesentlichen

Doch wie kommen wir dahin? Wir haben uns zu fragen: Was erfordert die Situation eigentlich? Also ganz unabhängig von meinen althergebrachten Vorstellungen und Ansichten über die Situation. Was möchte in der Situation zum Ausdruck gebracht werden? Was ist das Wesentliche in der Situation? (siehe auch: Das Wesentliche zum Ausdruck bringen)

Betrachten wir ein paar Beispiele:

Wenn wir wieder einmal über die Urlaubsplanung streiten, können wir uns fragen:

  • Was macht für uns einen attraktiven Urlaub aus, unabhängig vom Urlaubsziel?

Oder wenn wir über das Weh und Leid der deutschen Sprache debattieren, können wir uns stattdessen fragen:

  • Was macht eine attraktive, lebendige Sprache heute aus?

Oder wenn wir ratlos im Zeitschriftenladen stehen, können wir uns fragen:

  • Wie kommen wir bei diesem riesen Angebot zu einer eigenständigen Entscheidung?

Oder wenn wir in einem Unternehmen weitere Kosteneinsparungen vornehmen, können wir uns fragen:

  • Was ist der Garant für den Erfolg des Unternehmens?

Entwickeln eine gemeinsamen Vorstellung

Indem wir eine Frage stellen wie wir in einer Situation das Wesentliche zum Ausdruck bringen können, lassen sich die althergebrachten Positionen überwinden. Denn einerseits möchten alle Beteiligte die Frage zu einer Antwort bringen, doch gleichzeitig hat erst einmal keiner eine passende Antwort parat. Denn mit der Frage lassen wir das Vertraute, das Bekannte hinter uns. Uns wird gewissermaßen der Boden unter den Füßen weggezogen. Wir werden unsicher. Und gleichzeitig werden wir aktiv, um eine passende Antwort zu finden.

Dabei schafft die Frage eine Brücke ins Miteinander. Denn auf einmal interessieren wir uns für mögliche Ideen und Lösungsansätze der anderen, da sie auch eine Antwort auf die Frage suchen. In einem konstruktiven Miteinander werden wir bereit, die Ansätze weiter zu hinterfragen und zu konkretisieren. Dabei entsteht eine neue Substanz, eine Lösung, nach der sich die Situation neu ausrichten lässt. Und dabei haben die Beteiligten es selbst in der Hand, dass die Lösung attraktiv wird. (siehe auch: Schöpferisches Sein)

Betrachten wir nochmal unser Bild mit der Berglandschaft. Durch die gezielte Frage nach dem Wesentlichen in der Situation wird ein neues Tal geschaffen. Dabei ist das neue Tal für die Beteiligten so attraktiv, dass sie bereit werden, aus ihren Nebentälern aufzubrechen, den Zwischengipfel überwinden und im konstruktiven Miteinander eine attraktive Lösung in dem neuen Tal entwickeln.

Fazit: Indem wir die Frage stellen, wie wir das Wesentliche in der konkreten Situation zu einem Ausdruck bringen können, werden die beteiligten Personen bereit, ihre bisherigen Positionen hintan zu stellen und gemeinsam eine attraktive Antwort auf die Frage zu entwickeln. Die gezielte Frage, die das Wesentliche in der Situation anspricht, schafft den Dreh von den Ich-bezogenen Vorstellungen hin zu einem konstruktiven Miteinander.