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Wie kommt das Neue in die Welt?

Das erfolgreiche Gestalten unserer Zukunft erfordert Veränderungen. Das betrifft zum einen jeden einzelnen Menschen, in seinem privaten und beruflichen Umfeld.  Doch das gilt auch in einem größeren Rahmen. Von den Veränderungen, von der Entwicklung des Neuen erwarten wir die Lösungen unserer gesellschaftlichen Fragen: Wie kommen wir zu einem kooperativen Miteinander? Wie können wir unseren Planeten lebenswert erhalten? Wie funktioniert ein Wirtschaften, dass unsere Existenz und unseren Wohlstand sichert und dabei gleichzeitig die Würde der Menschen achtet und möglichst umweltverträglich ist? Wie können wir unser Zusammenleben gestalten, so dass wirklich die drängenden Fragen aufgegriffen und zu guten Lösungen gebracht werden? Von der Beantwortung dieser Fragen hängt schlicht unsere Zukunft auf der Erde ab. Oder wie es der ehemalige Bundepräsident Roman Herzog ausdrückte:

Die Fähigkeit zur Innovation bestimmt unser Schicksal.

Roman Herzog

Neues bedeutet eine Veränderung des Alten

Neues erfordert stets eine Veränderung des Alten, des Bekannten, an das wir uns gewöhnt haben, das uns vertraut ist, mit dem wir uns auskennen. Denn für etwas Neues haben wir immer erst den erforderlichen Platz zu schaffen. Und dafür haben wir uns von Altem zu trennen. Oder wie André Gide es ausdrückte:

Wenn wir neue Kontinente entdecken wollen, braucht es die Bereitschaft,

die bekannten Küsten hinter uns zu lassen.

André Gide

Doch oftmals haften wir an dem Bekannten, an dem Gewohnten, an dem Vertrauten. Und da sind Veränderungen häufig gar nicht gewünscht. Ganz im Gegenteil. Oftmals sehen wir Veränderungen geradezu als eine Bedrohung an, da das Bekannte wegfällt und die Zukunft doch erst einmal ungewiss und unsicher ist. So verteidigen wir oft das Bestehende, um es zu erhalten und erdrücken damit allzu leicht das Neue bereits im Keim. In der Folge gibt es zwei konträre Positionen: die einen heißen Veränderungen willkommen und möchte sie durchsetzen, während die anderen sich ihnen in den Weg stellen. Oder wie die Chinesen es sagen:

Wenn der Wind der Veränderung weht,

bauen die einen Windmühlen und die anderen Mauern.

Chinesisches Sprichwort

Und diese beiden Positionen führen zu vielen Konflikten. Das gilt sicher einmal für uns als Einzelperson, wenn wir innerlich zerrissen sind und nicht wissen, was wir tun sollen. Doch der Effekt verstärkt sich in unserem Miteinander.

Wir stehen uns bei Veränderungen selbst im Weg

Schauen wir in der Politik, der Wirtschaft, in unserem menschlichen Zusammenleben, dann stellen wir fest: wir Menschen stehen uns bei der Frage nach der Veränderung geradezu selbst im Weg. Anstatt eine Lösung für eine Frage zu entwickeln wird diskutiert, argumentiert und gestritten. Da werden die eingebrachten Ideen solange von rechts nach links und wieder von links nach rechts gedreht, bis sie kaum noch zu erkennen sind. Immer weitere Argumente und Meinungen werden eingebracht und berücksichtigt. Schließlich versandet die ursprüngliche Idee, von der wir uns so viel erhofft hatten, im Getriebe der Hierarchien, der Verwaltung, der Bürokratie.

Auf eine Erfindung in Deutschland kommen 100 Fachleute, die davor warnen.

Wenn wir immer auf sie gehört hätten, säßen wir immer noch hungrig in einer dunklen Höhle.

Roman Herzog

Und wird wirklich etwas Neues eingeführt, dann ist das Resultat oft vergleichbar mit einem Krebsgeschwür. Da wird an einer Stelle etwas verändert und im gleichen Atemzug wird das Bestehende an vielen anderen Stellen angepasst und korrigiert. Es entsteht ein Wirrwarr an Vorschriften, Regeln und Gesetzen, bei dem es uns Normalsterblichen nur schwindelig wird. Es braucht Experten, die den Durchblick für ihre ganz spezielle Fragestellung haben. Und für die nächste Frage brauchen wir den nächsten Experten. Einen wirklichen Überblick hat keiner mehr.

Doch machen wir uns nichts vor: wir denken in diesem Wirrwarr, meinen es müsse so sein, da es ja gilt, all die verschiedenen Meinungen und Interessen angemessen zu berücksichtigen und in die Lösung mit einfließen zu lassen. Doch in der Folge wird das Wirrwarr immer komplexer, immer verworrener und unübersichtlicher. Es entwickelt ein Eigenleben, und wir armen Menschen sind vollauf damit beschäftigt, den Anforderungen des Wirrwarrs zu entsprechen und fühlen uns dabei als elende Opfer.

Wie kommen wir aus der Nummer raus?

Zuerst haben wir die Bereitschaft zu entwickeln, die Ausgangssituation unabhängig von dem Wirrwarr der Regeln, Vorschriften, Meinungen und Ansichten zu betrachten: frisch, neu, unvoreingenommen und zugleich präzise, konkret, realistisch! Weiter haben wir uns zu fragen: was erfordert die Situation eigentlich? Was wollen wir wirklich? Was ist das zentrale Bedürfnis in der Situation? Was ist die Sehnsucht? Denn es ist die Sehnsucht, die in uns die Kräfte zur Veränderung mobilisiert, oder wie Antoine de Saint-Exupéry es ausdrückte:

Wenn Du ein Schiff bauen willst, fange nicht an Holz zu sammeln,

Planken zu sägen und die Arbeit zu verteilen,

sondern erwecke im Herzen der Männer die Sehnsucht

nach dem großen, weiten Meer.

Antoine de Saint-Exupéry

Und haben wir die Sehnsucht gefunden, dann erheben wir sie zum Maßstab für die Situation. Dann suchen wir nach entsprechenden Ideen, die dem Maßstab gerecht werden und entscheiden uns für die Idee, die dem Maßstab am besten entspricht und die wir gleichzeitig für realistisch und umsetzbar erachten. Weiter greifen wie die Idee auf und konkretisieren sie zu einer attraktiven, tragfähigen Lösung – und zwar erst einmal unabhängig von dem bestehenden Wirrwarr. Wir entwickeln die Lösung soweit, bis sie uns so klar, so einfach und attraktiv ist, dass wir sie anderen vorstellen und sie von der Lösung überzeugen können.

Dabei tauchen durchaus Verbesserungsvorschläge und Anregungen auf, die dann noch in der Lösung mitberücksichtigt werden können. Doch erst wenn wir von der attraktiven Lösung eine klare Vorstellung haben, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie für die Situation angemessen und tragfähig ist, wenn alle wesentlichen Zweifel und Fragen geklärt sind, wenn die Lösung bis ins Machbare konkretisiert ist, wenn die Lösung die Sehnsucht richtig gut befriedigt, erst dann fragen wir uns: Wie können wir die Lösung in der gegebenen Situation umsetzen? Welche Anpassungen sind erforderlich? Welche Interessen sind dabei noch zu berücksichtigen?

Auch bei der Neuausrichtung der Ausgangssituation richten wir uns nach dem Maßstab aus und achten stets darauf, dass unsere Sehnsucht bestmöglich realisiert wird, dass bei den erforderlichen Änderungen die Lösung gegenüber den anderen Interessen Bestand hat und nicht im Wirrwarr der Regeln und Gesetze, der Meinungen und Ansichten zerrieben wird.

Der springende Punkt dabei ist: Wir richten das Wirrwarr nach der Lösung aus und nicht die Lösung nach dem Wirrwarr! Wir entwickeln eine attraktive Lösung für die Situation, die einen wirklichen Wert darstellt, hinter die sich die Personen mit ihren verschiedenen Interessen scharen können. Und erst wenn wir die Lösung soweit konkretisiert haben, gehen wir daran, sie umzusetzen und die wirklich erforderlichen Anpassungen an der Ausgangssituation vorzunehmen. Denn erst in Anbetracht einer attraktiven Lösung werden wir wirklich bereit, das Neue zuzulassen und das Alte, das Bestehende in Frage zu stellen und schließlich hinter uns zu lassen.

Wir können das Vorgehen vergleichen mit einem Bildhauer, der für sich eine klare Vorstellung von der Skulptur entwickelt hat, die er aus dem Steinblock heraushauen möchte, bevor er Hammer und Meißel ansetzt, um das überflüssige Gestein wegzuschlagen.

Die folgende Abbildung zeigt das Vorgehen als Prozess in 10 Schritten:

Fazit

Es ist die zu einer attraktiven Lösung konkretisierte Sehnsucht, die den Weg zu etwas Neuem ebnet. Und je mehr Personen die Lösung begrüßen, umso leichter lässt sich die Lösung verwirklichen und die Situation neu ausrichten. Denn umso leichter fällt es, von dem Alten loszulassen und bereit für die Veränderungen zu sein. Solange die Vorstellung von der entsprechenden Lösung jedoch nicht in der erforderlichen Klarheit bei allen Beteiligten existiert, versanden Neuerungen allzu leicht in dem Wirrwarr der bestehenden Regeln, Vorschriften, Meinungen, Ansichten, Zweifel und Widerstände.

Die Guten Gespräche sind das Mittel, um diesen Veränderungsprozess im Miteinander zu gestalten.

Doch die Bereitschaft zu Veränderungen braucht es nicht nur bei den großen Frage, sondern ebenso in unserem alltäglichen privaten und beruflichen Umfeld. Betrachten wir ein konkretes Beispiel: Parkplatznot