Der Gesprächsprozess
Jede Gesprächssituation ist spezifisch, denn eine schier unerschöpfliche Vielfalt an Themen und Inhalten ist möglich. Die im Vorkapitel beschriebene Struktur der führenden Fragen eignet sich jedoch in der Regel, um in einer Gesprächssituation eine gute Lösung zu entwickeln:
- Was ist das Motiv für das Gespräch?
- Wo drückt der Schuh?
- Wie lösen wir das Dilemma?
- Wie lässt sich die Idee verwirklichen?
- Wie setzen wir die Lösung praktisch um?
Dabei erfordert die Beantwortung der unterschiedlichen Fragen spezifische methodische Schritte und Eigenschaften der beteiligten Personen. Daraus ergibt sich ein Gesprächsprozess, der in der Abbildung dargestellt ist.
Der Prozess beginnt in der Abbildung im Zentrum der Spirale, sozusagen in der Enge der Ausgangssituation, und setzt sich von dort erweiternd fort, entsprechend der neu ausgerichteten Situation, bis hin zum Ziel. Die Prozessschritte folgen, als jeweilig methodisch formulierte Anforderung, dem seriellen Verlauf. Den Hauptphasen sind die darin jeweils führenden Fragen zugeordnet.
Die methodischen Schritte, in Kombination mit den entsprechenden Fragen, markieren den Weg eines guten Gesprächs; sie bilden sozusagen die To-Do-Liste. Sie stellen ganz spezifische Anforderungen an die Gesprächspartner, die diese vor allem im Hinblick auf ihre individuellen Eigenschaften, Vorlieben und Fähigkeiten erfüllen können. Es gibt 10 wesentliche Persönlichkeitsmerkmale, welche im Gesprächsprozess – entsprechend den 10 Prozessschritten – zum Einsatz kommen:
- Moderator –Kontakt aufbauen/Beziehung herstellen, thematische und vermittelnde Führung
- Beobachter –Offenheit, Unvoreingenommenheit, Neugier, die Situation erfassen
- Forscher –Situation analysieren, hinterfragen, prüfen, detektivischer Spürsinn, Bedarf ermitteln
- Erfinder – Spontaneität, Intuition, Ideen entwickeln, Impulse geben, lebhafte Fantasie.
- Kühler Kopf – Vor- und Nachteile herausstellen, rational abwägen, Entschluss herbeiführen
- Tüftler/Problemlöser –visionäre Vorstellungen auf das Machbare herunterbrechen, schlüssige Lösungswege ausarbeiten
- Vertreter – Ideen bekannt machen, andere begeistern, Verbesserungsvorschläge begrüßen
- Der Planer – Zielvorgaben formulieren, Realisierungsschritte erarbeiten, Umsetzungsschritte vorzeichnen
- Macher – Ziele aufgreifen, Pläne anwenden, praktische Umsetzung ausführen
- Feiernder – Freude und Dankbarkeit zeigen, wenn das Ziel erreicht ist
Natürlich verfügen wir alle mehr oder weniger über viele oder alle dieser Eigenschaften, aber ganz sicher prägen verschiedene Menschen auch verschiedene Merkmale besonders stark aus, während sie andere nur wenig oder gar nicht ausbilden. Insofern kommt es in einem guten Gespräch darauf an, dass jeder seine individuellen Stärken in den einzelnen Phasen und Schritten sinnvoll einbringt. Und damit die verschiedenen Persönlichkeiten im Hinblick auf die Anforderungen konstruktiv zusammenwirken, ist eine übergeordnete Ausrichtung in dem Gespräch unerlässlich. Diese übergeordnete Ausrichtung ist in dem Gesprächsprozess durch den Bedarf gegeben. Den gemeinsamen Bedarf gilt es zuerst, für die konkrete Situation zu ermitteln und dann im Miteinander zu einer guten Lösung zu bringen. Dieser Grundgedanke richtet den gesamten Prozess aus und gibt ihm seine Struktur in den einzelnen Schritten.
Betrachten wir das Versöhnungsgespräch zwischen Xanthippe und Sokrates im Lichte des Gesprächsprozesses:
Die Versöhnung von Xanthippe und Sokrates: