In dem vorigen Kapitel haben wir vier seelische Polaritäten betrachtet und einen Weg beschrieben, wie diese in einem Miteinander zu überwinden sind. Wesentlich sind dabei die übergeordneten Fragen, die in den zyklischen Prozessen zu einer Antwort gebracht werden. Verbinden wir diese vier Frage, so erhalten wir einen neuen, einen übergeordneten Prozess:
Der Prozess beschreibt eine Veränderung.
- Ausgehend von einer Ausgangssituation stellen wir uns die Frage: Wo drückt der Schuh? Dafür erfassen wir die Situation und betrachten sie kritisch um einen zentralen Mangel zu identifizieren, den es zu beheben gilt.
- Im nächsten Schritt schauen wir, wie wir den identifizierten Mangel, das Dilemma zu einer Lösung bringen können. Wir finden Ideen, formen diese weiter aus und treffen den Entschluss, eine Idee konkret aufzugreifen und zu verwirklichen.
- Die Idee ist weiter zu klären, zu detaillieren und zu einer tragfähigen Lösung zu entwickeln,
- die dann weiter aufgegriffen und verwirklicht wird.
Als Resultat ist die Ausgangssituation neu ausgerichtet, der identifizierte Mangel zu einer Lösung gebracht, eine neue Ordnung geschaffen.
Und auch hier treffen wir auf Polaritäten, die in dem Prozess zu einem Ausgleich kommen: Der Kritiker und der Realist, in den Prozessschritten eins und drei, möchten gerne das Alte bewahren, ja sie brauchen das Alte, das Bestehende als Voraussetzung für ihre Tätigkeit. Dagegen wollen der Visionär und der Macher in den Prozessschritten zwei und vier, das Neue schaffen. Altes bewahren und gleichzeitig Neues schaffen, das ist die Polarität in diesem Veränderungsprozess. Die verbindende, die übergeordnete Frage lautet: wie können wir eine neue Ordnung schaffen? – eine Ordnung, die das Alte mit dem Neuen verbindet.
Wir können mit diesem Veränderungsprozess konkrete Fragestellungen in unserer Umgebung aufgreifen und Schritt für Schritt zu einer Lösung bringen. Dabei gehen wir in den vier einzelnen Prozessschritten zyklisch vor, um die jeweilige Frage zu einer passenden Antwort zu bringen. Auf diesem Wege richten wir nicht nur die Ausgangssituation neu aus, sondern gleichzeitig überwinden wir im aktiven Miteinander unsere inneren Konflikte.
Die vier Schritte in diesem Veränderungsprozess erinnern an den Jahreskreis:
- Im Winter sammelt sich die Energie des Baumes, er zentriert sich. Dabei ist nach Außen keine Aktivität sichtbar. Das entspricht dem Wahrnehmen, dem Erfassen und Ergründen der Situation, dem Identifizieren des Mangels.
- Im Frühjahr schlägt der Baum aus. Er blüht und bildet Blätter. Das Neue entsteht. Das entspricht dem Finden neuer Ideen, die in blühender Fantasie weiterentwickelt und zu einem Entschluss gebracht werden.
- Der Sommer ist die Zeit des Reifens. Die Blüten setzen Früchte an, die weiter heranwachsen. Das entspricht dem Entwickeln der Lösung. Die Ideen werden aufgegriffen und zu tragfähigen Lösungen konkretisiert.
- Im Herbst sind die Äpfel reif, sie wollen gepflückt sein. Es ist die Zeit der Ernte. Das entspricht der Umsetzung der Lösung, dem Neugestalten der Situation.
In dem Prozess werden Werte geschöpft, die die Ausgangssituation bereichern. Bei einem Apfelbaum sind es einerseits die Äpfel, die im Herbst geerntet werden können. Doch auch auf dem Weg zur Ernte entstehen Werte, sei es der glitzernde Schnee auf den Ästen, an dem wir uns erfreuen, sei es die Blütenpracht, die den Bienen Nahrung gibt, sei es der Schatten, den der Baum im Sommer spendet, sei es ….. So entstehen in dem Veränderungsprozess sehr vielfältige Werte. Einmal als Resultat des Gesamtprozesses, aber auch innerhalb des Prozesses, in seinen einzelnen Schritten: etwa bei der Lösung eines Konfliktes, beim Klären eines Problems, bei einer unterstützenden Hilfeleistung, einem aufmunternden Wort, einem geschenkten Ohr…. Immer wenn wir unsere Persönlichkeitseigenschaften auf konstruktive Art in den Prozess einbringen, schaffen wir in gewisser Hinsicht einen Wert, der das Miteinander bereichert und zu einem guten Resultat beiträgt. Und so vielfältig die Werte sind, die in dem Prozess geschöpft werden können, so vielfältig sind auch die Einsatzmöglichkeiten des Prozesses: sei es als Gesprächsprozess, als sozialer Prozess, als Innovationsprozess, als Mediationsprozess, als didaktischer Prozess. Ja es ist ein universeller Prozess, mit dem sich Veränderungen auf der vielfältigsten Art durchführen lassen. Das Wesentliche ist dabei immer, dass dieser Prozess im Miteinander gestaltet wird. Für sich allein kann der Prozess zwar auch angewandt werden, doch wird man dann sehr leicht mit seinen inneren Konflikten konfrontiert, die einer guten Lösung oft im Wege stehen.
- Der mittlere Weg – die Methode
- Überwinden der Polaritäten:
- Ein Weg zur neuen Ordnung
- Fazit – ein Weg zum Miteinander